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from Michaela Molthagen

… desto größer wird meine Angst. Noch nie war sie vor einer Bundestagswahl so groß wie jetzt.

Ich habe Angst, dass zu viele Menschen die sog. AfD oder die vermeintlich „christliche“ Union wählen werden.

Ich habe Angst um mich selbst, weil ich trans bin. Ich habe große Angst um viele meiner Mitmenschen, die nicht deutsch genug aussehen, die hierher geflüchtet sind, die behindert sind, die armutsbetroffen sind.

Je stärker Union und sog. AfD werden, desto schlimmer wird es für viele Menschen in diesem Land werden.

Dazu kommt das große Thema Klimakatastrophe. Union und sog. AfD haben dafür keine zukunftsfähigen Konzepte (wie sie ohnehin für die vielen Probleme unseres Landes keinerlei Lösungen haben, nur populistische Äußerungen).

Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen ihr Kreuz bei einer anderen Partei machen, den Grünen, der SPD, der Linken beispielsweise.

Als Christin weiß ich: tiefer als in Gottes Hand kann ich nicht fallen. Aber es gibt keine Garantie, dass es hier nicht ebenso schnell wie in den USA seit Trumps zweiter Präsidentschaft in die Finsternis geht. Ein Bundeskanzler Merz wird diesem Land unermesslichen Schaden zufügen, nur wenige Reiche werden davon profitieren. Für die Mehrheit bedeutet ein Kanzler Merz (zusammen mit Söder, Linnemann, Spahn, Klöckner usw. usf.) eine Katastrophe. Es gibt keine Garantie, dass ich als trans* Frau nach dieser Wahl nicht in ein tiefes (wenigstens nicht bodenloses) Loch gestoßen werde. Ich muss da realistisch sein; am Beispiel der USA unter Trump sehen wir, was trans* Personen wie mir droht. Was Armutsbetroffenen droht. Was Menschen droht, die nicht deutsch genug aussehen. Was Behinderten droht.

Was Demokratie, Freiheit und Vielfalt droht. Was dem Klimaschutz droht.

Überlegt Euch gut, wem Ihr am Sonntag Eure Stimme gebt.

Ich werde meine Stimme den Grünen geben, auch wenn ich nicht alles gutheiße, was die Grünen so tun. Aber für mich ist sie die beste Wahl. Und ich hoffe, dass viele Menschen so denken werden.

 
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from Michaela Molthagen

Seit ein paar Tagen bin ich Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen.

Ich weiß, dass die Grünen nicht alles richtig machen, aber ich denke, sie sind am ehesten kompatibel mit meinen Werten als queer-evangelikale Christin. Und auch als trans Frau fühle ich mich dort am Besten aufgehoben.

Mal sehen, ob ich mich hier vor Ort engagieren werde oder ob mir die Energie dazu fehlt.

 
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from Frei. Trans. Baptistin.

In erster Linie betreibe ich diesen Blog für gläubige trans* Personen, die sich frisch geoutet haben oder noch vor dem Coming-out stehen. Ich möchte zeigen, dass Glaube und Trans* vereinbar sind. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, die eigene skeptische Haltung zum Trans*sein als Christ*in zu überwinden. Insbesondere gilt dies für Christ*innen mit einem freikirchlichen oder evangelikalen Hintergrund.

Zum Zweiten betreibe ich diesen Blog für Christ*innen und Kirchengemeinden, die trans* Personen willkommen heißen wollen – ein Anliegen, das ich natürlich ausdrücklich unterstütze. Es gibt viele trans* Christ*innen, die eine Gemeinde suchen, in der sie willkommen sind, ohne ihr Trans*sein verbergen zu müssen.

Du bist nicht allein …

Ich habe einen evangelikalen und freikirchlichen Hintergrund, bin Mitglied einer Baptistengemeinde in Stuttgart – und ich bin eine trans Frau. Gerade mit diesem frommen Hintergrund war mein Coming-out als trans Frau nicht leicht.

Meinem Coming-out als trans Frau ging vor allem eines voraus: Ich lernte gläubige trans* Menschen kennen und wertschätzen.

Ohne diese trans* Geschwister wäre ich heute vielleicht nicht geoutet. Sie haben mir gezeigt, dass Glaube und Trans* vereinbar sind. Dass Trans* keine „Sünde“ ist oder etwas, das uns vielleicht als „Prüfung“ für unseren Glauben auferlegt ist. Ich lernte von ihnen, dass ich von Gott als trans Frau geschaffen wurde und als die Frau leben darf und leben soll, die ich bin. Ich lernte von ihnen, dass ein Leben als gläubige trans Frau Freiheit bedeutet. Und dass es sich lohnt, trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten.

Meinerseits möchte ich nun zeigen, dass Glaube und Trans*sein vereinbar sind. Dabei habe ich aufgrund meines eigenen Hintergrunds besonders Gläubige mit einem freikirchlichen oder evangelikalen Hintergrund im Blick.

Das ist der wichtigste Beweggrund für diesen Blog. Geschwistern im Glauben, die sich fragen, ob sie trans* sind und wie sie damit umgehen sollen, eine Hilfestellung zu geben.

Bei Gott sind alle Menschen willkommen

Du glaubst, dass bei Gott alle Menschen willkommen sind, auch trans* Personen, und Du willst Deinen christlichen Glauben in Wort und Tat entsprechend gestalten?

Deine Gemeinde möchte trans* Personen willkommen heißen, weil Ihr glaubt, dass bei Gott alle Menschen willkommen sind?

Ich möchte Euch helfen, trans* Personen besser zu verstehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass über uns viele Vorurteile und falsche Informationen im Umlauf sind. Diese Hilfestellung ist der zweite Beweggrund für diesen Blog.

Ich glaube, dass Gott sich über Gemeinden freut, in denen trans* Personen willkommen sind und ein Zuhause finden, eine Aufnahme finden.

Viele trans* Personen haben mit Christ*innen und Kirchengemeinden miserable Erfahrungen gemacht. Wir sind dadurch traumatisiert. Schon Kleinigkeiten können diese Traumata wieder hochkommen lassen und dazu führen, dass wir lieber auf Abstand bleiben. Gebrannte Kinder scheuen bekanntlich das Feuer.

Trans* Personen in einer Gemeinde willkommen zu heißen bedeutet mehr Arbeit als bei cis Personen. Es ist wichtig zu wissen, was trans* Personen verletzt und was für uns von Wert ist. Was uns vermittelt, willkommen (und nicht nur geduldet) zu sein.

Ein Beispiel: Ihr macht Wechsellesungen oder sing Lieder im Wechsel zwischen Frauen und Männern. Damit vertreibt Ihr trans* Menschen fast auf der Stelle. Ihr sprecht nur „die lieben Schwestern und Brüder“ an. Damit reißt Ihr einen Graben zwischen Euch und den trans* Personen, die zu Euch kommen.

Ich möchte Euch zeigen, wie eine Gemeinde für trans* Personen eine Willkommensgemeinde sein kann.

Gerne stehe ich Eurer Gemeinde als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Trans und nichtbinär

Eine Anmerkung noch. Wenn ich von trans* Personen schreibe, umfasst das in der Regel nicht nur trans* Frauen und trans* Männer.

Denn einige Menschen sind nichtbinär, sie ordnen sich also nicht ausschließlich einem Geschlecht zu oder haben gar kein Geschlecht (agender).

Zum Blog

Ich schreibe diesen Blog mit WriteFreely. Aus verschiedenen Gründen ist die Einbindung ins Fediverse derzeit deaktiviert. Momentan ist die Fediverse-Integration eine reine Einbahnstraße, Posts dieses Blogs tauchen zwar im Fediverse auf, aber Replies bekomme ich in WriteFreely nicht angezeigt, was sehr ärgerlich ist.

Ihr könnt mir aber auf meinem Mastodon-Account @michaela@meerjungfrauengrotte.de folgen. Dort weise ich auch auf neue Blog-Posts hin.

Weiterhin könnt Ihr diesem Blog per RSS folgen: write.molthagen.de/frei/feed. So bekommt Ihr alle neuen Blog-Posts in Eurem Newsreader angezeigt.

Außerdem finden sich auf meiner Homepage weitere Informationen zum Thema dieses Blogs, also Glaube und Trans*sein, z.B. häufige Fragen (FAQ) oder ein kleines Lexikon.

 
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from Michaela Molthagen

In eineinhalb Wochen, am 23. Februar, ist Bundestagswahl.

Im Hinblick darauf und vor dem Hintergrund des Versagens der deutschen Baptist*innen im Dritten Reich möchte ich als Baptistin dazu aufrufen, nur Parteien und Menschen zu wählen, die für Demokratie, Vielfalt, Freiheit und ein Miteinander ohne Misstrauen und Vorurteile gegenüber Geflüchteten, Armutsbetroffenen usw. eintreten, die für ein diskriminierungsfreies Miteinander sind.

Niemand sollte aufgrund von Herkunft, Behinderungen, sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, ethnischen Zugehörigkeit, Weltanschauung, Einkommen usw. fürchten müssen, benachteiligt oder diskriminiert zu werden.

Wir brauchen eine Politik, die soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz entschlossen angeht. Wir brauchen eine antifaschistische Politik, die der sog. AfD enschlossen entgegentritt und sich für ein Verbot einsetzt.

Was wir nicht brauchen: eine reaktionäre Politik, Rassismus, Antisemitismus Misogynie, Queerfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit, dass Arme immer ärmer und Reiche immer reicher werden, dass Vermögen unzureichend besteuert werden, Faschismus in jedweder Form.

Und denkt dran: Wählen ist wie Zähneputzen, tut man’s nicht, wird’s braun.

Nie wieder ist jetzt.

Mastodon-Post

 
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from Michaela Molthagen

Ich organisiere meine Blogs hier gerade neu. Dieser Blog write.molthagen.de/michaela ist mein allgemeiner Blog.

Auf dem neuen alten Blog write.molthagen.de/frei blogge ich über mein Transsein als Baptistin. Oder über meinen baptistischen Glauben als trans Frau. Je nachdem.

Microblogging betreibe ich weiterhin via Mastodon im Fediverse unter @michaela@meerjungfrauengrotte.de.

Fediverse

Weggefallen ist die Möglichkeit, meinen Blogs hier im Fediverse zu folgen.

Die hier verwendete Software, WriteFreely, hat viele Vorteile, aber sie ist mehr eine Einbahnstraße ins Fediverse hinein, ohne Gegenrichtung. Sobald ein Reply geschrieben wird, werde ich nicht benachrichtigt und der Reply erscheint auch nirgends hier im Blog.

Falls die Federation irgendwann in beide Richtungen gut funktioniert, werde ich das einrichten.

Ich werde wichtige Blog-Posts über meinen Mastodon-Account @michaela@meerjungfrauengrotte.de teilen. Dort können sie dann auch kommentiert werden. Die Lösung ist nicht ideal, aber im Moment sehe ich keine bessere Möglichkeit.

RSS

Weiterhin ist es natürlich möglich, meinen Blogs per RSS-Feed zu folgen.

 
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from Frei. Trans. Baptistin.

„Hast du keine Angst, das mit dem Transsein später zu bereuen?“

„Hast du es jemals bereut, das Coming-out, die Hormone, die Operation?“

Als mein Coming-out ganz frisch war, wurde ich oft gefragt, ob ich nicht Angst hätte, dass ich es später bereuen würde. Nein, diese Sorge hatte ich nie.

Auch später wurde ich oft gefragt, ob ich mein Coming-out, meine Transition, die Hormon-Ersatz-Therapie oder die genitalangleichende Operation jemals bereut hätte. Die Antwort ist einfach: Ich bereue nur zwei Dinge.

Erstens, dass ich durch die falsche Pubertät hindurch musste, die meinen Körper irreversibel verändert und mir entfremdet hat. Übrigens sind die dadurch hervorgerufenen Veränderungen meiner sekundären Geschlechtsmerkmale für mich schlimmer als es die primären Geschlechtsmerkmale jemals waren.

An manchen Tagen ist die durch die falsche Pubertät verursachte Geschlechtsdysphorie wirklich schmerzhaft. Und ich frage mich, ob ich mich nicht trotz meiner Ängste vor Operationen und trotz der damit verbundenen hohen Kosten noch ein paar Mal unter das Messer legen sollte, um das Gesicht, die Stimme, den Kehlkopf angleichen zu lassen.

Zweitens bereue ich, dass mein Coming-out erst so spät erfolgt ist. Mit 50 Jahren. 45 Jahre nachdem mir bewusst geworden war, dass ich ein Mädchen bin. 45 Jahre, während derer ich vorgegeben hatte, ein Mann zu sein. 45 Jahre, die ich wirklich bereue.

Aber das Coming-out? Bereue ich nicht. Es kam nicht überall gut an. Aber ich bereue nicht, überall geoutet zu sein.

Die Hormon-Ersatz-Therapie? Sie gibt mir viel Euphorie, vor allem durch das Wachstum meiner Brüste, durch die Veränderungen an meiner Emotionalität. Ich bereue sie nicht. Auch nicht, dass ich nun mein Leben lang Östrogen auftragen und meine Hormonwerte kontrollieren lassen muss.

Schade nur, dass die Hormon-Ersatz-Therapie die Folgen der falschen Pubertät nicht mildern konnte. Und nein, ich habe auch keine Angst, weil mein Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, nun deutlich erhöht ist.

Bereue ich die genitalangleichende Operation? Nun, sie blieb nicht folgenlos. Ein Lymphödem ist seitdem mein ständiger, oft unangenehmer, manchmal schmerzhafter Begleiter. Aber dennoch bereue ich die Operation nicht einen Moment. Dass Penis und Hoden einer Vulva gewichen sind, gibt mir Euphorie. Es macht mich glücklich. Und es hat sich vom ersten Moment an richtig angefühlt. Als sei es schon immer so gewesen.

Nein, ich bereue nicht, aus dem Wandschrank hervorgekommen zu sein, um nun endlich als der Mensch zu leben, der ich bin.

Ich werde nicht behaupten, dass es leicht wäre, offen als trans Frau zu leben. Jeder Mensch, der transitioniert, weiß, dass niemand das nur aus Spaß machen würde. Wäre Transsein eine Entscheidung, dann hätte ich mich gewiss nicht entschieden, trans zu sein.

Aber es ist keine Entscheidung. Wir entscheiden uns nicht, trans zu sein. Wir stehen nur irgendwann vor der Entscheidung, ob wir weiterhin vorgeben wollen, etwas anderes zu sein, ein falsches Leben zu führen – oder ob wir endlich frei sein wollen.

Trotz allem, was das Transsein kompliziert und anstrengend macht – ich bin froh, endlich frei zu sein. Als die Frau zu leben, die ich immer schon war. Nicht vorzugeben, etwas zu sein, von dem ich auch keine Ahnung habe, was es eigentlich sein soll. Denn ich habe nie herausgefunden, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Ich habe eine Rolle gespielt, die ich nie verstanden habe. Die nie wirklich mit meinem Leben verbunden war. Es war eine Maske – aber kein Leben.

Ich bereue nicht, in meinem Leben angekommen zu sein. Inneres und Äußeres fallen nicht mehr auseinander, sondern sind eins.

Es war bisher nicht leicht, und es wird nie leicht sein. Aber ich kann für mich sagen: Mein Coming-out und meine Transition haben mir ein Leben geschenkt, das sich zu leben lohnt.

Ich bereue nicht. Ich bin glücklicher, als ich es in meinem Leben als vermeintlicher Mann gewesen bin. Ich bin glücklich, ein wirkliches, authentisches Leben zu führen. Ich bin glücklich, frei zu sein.

 
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from Frei. Trans. Baptistin.

Diese Frage stellen transfeindliche Personen und sog. TERFs derzeit im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl, kopiert von einer Kampagne aus den USA.

Dabei handelt es sich nicht um eine echte Frage, sondern um eine Fangfrage, um herauszufinden, ob Politiker*innen, die für den Bundestag kandidieren, transfreundlich sind oder nicht. Die einzige Antwort, die Transfeind*innen und TERFs als richtig akzeptieren wollen, lautet: „Eine erwachsene weibliche Person, deren Biologie darauf ausgelegt ist, zu gebären“.

Frausein wird also auf die Fähigkeit zur Reproduktion reduziert. Das sei angeblich aus Sicht der Biologie die einzig korrekte Antwort: Frauen produzieren große Keimzellen und können gebären. Manche fügen noch hinzu: Frauen menstruieren während einer bestimmten Zeitspanne, zwischen Pubertät und Klimakterium.

Alles andere, was Frausein ausmacht, klammern sie aus. Eine vom biologischen Geschlecht unabhängige Geschlechtsidentität kennen sie nicht. Es gibt Frauen und Männer, und das Geschlecht wird allein von den Reproduktionsorganen bestimmt.

Ist eine Frau also nur eine Gebärmutter auf Beinen?

Für Transfeind*innen und TERFs erschreckenderweise ja. Sie merken gar nicht, wie misogyn diese Auffassung ist.

Für Transfeind*innen und TERFs gibt es nur zwei Geschlechter. Alles andere, etwa Inter*Geschlechtlichkeit, ist ein defekter Mensch.

Es gibt keine nichtbinären Menschen, keine agender Menschen und natürlich auch keine trans* Menschen.

Es gibt für Transfeind*innen und TERFs keine geschlechtliche Vielfalt jenseits des binären Konzepts von Mann und Frau. Es gibt nur diejenigen, die zeugen – und diejenigen, die gebären.

Eine unheilige Allianz

Im Grunde genommen ist es dasselbe Konzept von Geschlecht, dass auch fundamentalistische Christ*innen haben, wenn sie ausgehend von dem Bibelvers „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau“ (1. Mose 1,27 nach Luther) glauben, dass es nur Männer und Frauen gibt.

So sind die Überzeugungen von Transfeind*innen und TERFs sowie christlichen Fundamentalist*innen in diesem Punkt kompatibel. Darum verstehen sie sich in diesem Punkt auch außerordentlich gut.

Biologie oder Ideologie?

Für Transfeind*innen und TERFs ist das Biologie – allerdings gehen die meisten Biolog*innen bei diesem Konzept heutzutage nicht mehr mit, zumal jeder wissenschaftliche Beweis für diese These fehlt. Je mehr wir über das Geschlecht des Menschen lernen, umso mehr verstehen wir, dass Geschlecht nicht binär ist – und eine entsprechende Sicht auf das Geschlecht weit mehr Ideologie als Biologie.

Wir wissen heute, dass Geschlecht aus biologischer Sicht ein komplexes System ist. Schon in der Tierwelt wird von Zoologen und Biologen zunehmend geschlechtliche Vielfalt erkannt, es ist nicht eine Eigenart oder ein „Trend“ beim Menschen.

Geschlechtliche Vielfalt beim Menschen ist seit Langem bekannt, auch wenn es viel zu lange tabuisiert war und geschlechts-diverse Menschen größtenteils gezwungen waren, ihr wahres Geschlecht zu verstecken.

Wir gehen heute davon aus, dass die Geschlechtsidentität des Menschen durch bestimmte Geschlechtshormone bereits während der Schwangerschaft festgelegt wird – und dass die Geschlechtsidentität grundsätzlich ein bimodales Spektrum ist, kein Entweder-oder.

Das Gehirn als Sitz unserer Geschlechtsidentität ist auch biologisch betrachtet das größte Geschlechtsorgan des Menschen und bestimmt, ob wir Frau sind oder Mann oder nichtbinär oder weder Mann noch Frau.

Die Frage, „was ist eine Frau?“, kann nur mit dem Hinweis auf geschlechtliche Vielfalt beantwortet werden. Es gibt nicht die Frau. Jede Frau ist eine von vielen verschiedenen Personen auf einem Spektrum. Für jede von uns bedeutet unser Frausein etwas anderes. Und das ist auch gut so. Es wäre schlimm, wenn wir alle bestimmten Zuschreibungen genügen müssten und kein Raum für unsere Individualität bliebe.

Jede Schwarz-Weiß-Beschreibung von Frau (oder Mann) verbietet sich. Wir sind alle einzigartig, nicht je nach Geschlechtschromosomen Abziehbilder von entweder Adam oder Eva, mehr als nur Erzeuger oder Gebärerin.

Unser Geschlecht ist nicht dazu da, bestimmten Zuschreibungen und gesellschaftlichen Forderungen zu genügen. Es ist dazu da, dass wir uns an einer bunten Vielfalt erfreuen können, die alle von uns einzigartig macht.

 
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from Frei. Trans. Baptistin.

In den jüngsten Tagen erschienen gleich zwei Kampagnen in den Medien, die beweisen sollen, dass das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) schädlich sei.

Die erste Kampagne hat eine recht bekannte Person aus dem rechtsextremen Spektrum losgetreten, in dem sie mithilfe des SBGG ihren Geschlechtseintrag von männlich auf weiblich und ihren Vornamen geändert hat.

Die zweite Kampagne hat eine für ihre Transfeindlichkeit bekannte Journalistin in einer ebenfalls für ihre Transfeindlichkeit und ihre rechtskonservative Haltung bekannten Zeitung losgetreten, in dem unter Verweis auf fünf mutmaßliche Fälle sexualisierter Gewalt in Frauengefängnissen durch trans Frauen, zu denen es freilich vor dem Inkrafttreten des SBGG kam, vor dem SBGG gewarnt wird.

Erfolgsquote Selbstbestimmungsgesetz

Beginnen wir mit einer Vorbemerkung: In den letzten Jahren wurden rund 99 % der Anträge auf Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen, die nach dem Transsexuellengesetz (TSG) von Gerichten bearbeitet wurden, erfolgreich abgeschlossen. Und das fehlende Prozent? Vor allem Personen, die ihren Antrag zurückgezogen haben oder vor Abschluss des Verfahrens verstorben sind.

Das bedeutet, dass das TSG im Prinzip nichts anderes als das Selbstbestimmungsgesetz gemacht hat, nur mit zwei psychiatrischen Gutachten und einem teuren Gerichtsverfahren. Die Selbstaussage der Personen, trans zu sein, führte zu einem Beschluss, der genau das bekräftigt.

Das gilt übrigens auch für Jugendliche und Kinder: so gut wie alle Verfahren, die sie betroffen haben, wurden erfolgreich abgeschlossen.

Der Fall Liebich

Bereits im vergangenen Jahr hat eine bekannte Person aus dem rechtsextremen Spektrum das Selbstbestimmungsgesetz genutzt, um den Geschlechtseintrag von männlich auf weiblich zu ändern und einen neuen Vornamen anzunehmen. So heißt diese Person nun Frau Marla-Svenja Liebich. Dass sie tatsächlich trans ist, darf bezweifelt werden.

Mit Sicherheit hätte diese Person dasselbe Ergebnis auch mit dem TSG erreicht. Es hätte nur mehr Geld gekostet. Aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass diese Person das gerichtliche Verfahren mitsamt der zwei Gutachten nicht erfolgreich abgeschlossen hätte. Diese Person hätte vor Gericht schon sehr deutlich machen müssen, dass sie nicht tatsächlich trans ist, sondern nur provozieren will.

Darf sie jetzt als Mann bezeichnet werden? Darf ihr früherer Vorname genannt werden? Ich denke nicht, dass § 13 SBGG, das Offenbarungsverbot, in diesem Fall greifen würde. Schließlich hat diese Person selbst offenbart, dass sie früher den Geschlechtseintrag „männlich“ und den Vornamen „Sven“ trug. Tut eine Person dies bereitwillig und öffentlich, kann sie niemanden unter Verweis auf § 13 SBGG verklagen, diese Informationen ausgeforscht und offenbart zu haben.

Es wäre immer noch denkbar, dass sie erfolgreich wegen Beleidigung klagen könnte. Das allerdings setzt bei trans Personen gar keine Änderung des Geschlechtseintrags voraus. Denn das Bundesverfassungsgericht hat vereinfacht ausgedrückt bereits geurteilt, dass die Geschlechtsidentität einer Person in jedem Fall schützenswert ist. Wer eine trans Person in beleidigender Absicht misgendert kann wegen Beleidigung, in bestimmten Fällen auch wegen Nachstellung angeklagt und verurteilt werden.

Hat Frau Liebich nun eigentlich Vorteile davon, dank SBGG den Geschlechtseintrag geändert zu haben?

Nein.

Denn rechtlich hat dieser Vorgang nur wenige Folgen:

  1. Der Geschlechtseintrag bei der Krankenkasse wird geändert.
  2. Der Geschlechtseintrag bei der Rentenversicherung wird geändert und die Sozialversicherungsnummer ändert sich; denn in diese ist das Geschlecht einkodiert.
  3. Bei der (derzeit ausgesetzten) Wehrpflicht (trans Frauen sind wie alle Frauen nicht wehrpflichtig, trans Männer wie alle Männer sind wehrpflichtig).
  4. In einem Reisepass (nicht im Personalausweis) ändert sich der Eintrag (möglich sind M, F und X).
  5. Das Offenbarungsverbot nach § 13 SBGG (das es schon im TSG gab) greift.

Außerdem werden durch die Änderung des Vornamens bestimmte Dokumente ungültig (Personalausweis, Führerschein) und müssen neu ausgestellt werden.

Das war’s. Ja, tatsächlich: Mehr ändert sich in rechtlicher Hinsicht nicht.

Es ist vor allem nicht so, dass eine Person, die den Geschlechtseintrag von männlich zu weiblich ändern lässt, nun plötzlich ungehindert in einen Raum oder in eine Einrichtung gehen kann, die nur für Frauen vorgesehen ist. Denn oh Wunder: es gibt keine gesetzliche Regelung für diesen Zweck. Weder für eine Frauensauna, ein Frauenhaus oder ein Frauengefängnis oder auch nur ein Frauen-WC.

Frau Liebich käme also, wenn sie zu einer Haftstrafe verurteilt würde, nicht automatisch in ein Frauengefängnis. Das sind stets Einzelfallentscheidungen. Frau Liebich käme sehr wahrscheinlich in ein Männergefängnis.

Umgekehrt kann eine trans Frau durchaus im Fall einer Haftstrafe in ein Frauengefängnis kommen, auch wenn ihr Geschlechtseintrag noch auf männlich lautet. Wie gesagt: das sind Einzelfallentscheidungen, die anhand verschiedener Faktoren getroffen werden. Der amtliche Geschlechtseintrag bei einer trans Frau ist dabei nicht entscheidend, sondern das Gesamtbild, das sich bei der Untersuchung ergibt.

Übrigens kann Frau Liebich auch nicht einer etwaigen Strafverfolgung entziehen, die sich noch als „Herr Sven Liebich“ begangen hat. Denn das Offenbarungsverbot nach § 13 SBGG kennt Ausnahmen, wenn das berechtigte öffentliche Interesse oder rechtliche Gründe dies erfordern. Die Strafverfolgung gehört dazu.

Also, sollte diese Person als „Herr Sven Liebich“ eine Straftat begangen haben, kann dafür auch Frau Marla-Svenja Liebich verurteilt und ggf. zu einer Haftstrafe im Männergefängnis verurteilt werden.

Bleibt noch die Frage, ob Frau Liebich wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), also wegen Diskriminierung, klagen kann, wenn ihr etwa der Zutritt zu einer Frauensauna verweigert wird. Und ja, das kann sie. Allerdings spielt die amtliche Änderung des Geschlechtseintrags dabei gar keine Rolle; denn das Diskriminierungsverbot schützt trans Personen in jedem Fall vor unerlaubter Diskriminierung, unabhängig vom amtlichen Geschlechtseintrag. Allerdings müsste Frau Liebich nachweisen, dass die von ihr beklagte Diskriminierung tatsächlich unerlaubt ist und nicht doch zulässig. Denn das AGG kennt Ausnahmen, durch die eine Diskriminierung unter bestimmten Umständen zulässig sein kann.

Unterm Strich können wir festhalten, dass Frau Liebich durch die Änderung ihres Geschlechtseintrags keine Vorteile hat.

Und wie gesagt: hätte sie das TSG genutzt anstelle des SBGG, wäre ihrem Antrag, Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Erfolg beschieden gewesen. Sie hätte vor Gericht oder bei den psychiatrischen Gutachten schon sehr laut sagen müssen, dass sie nur provoziert.

Hätte sie das übrigens vor dem Standesamt getan, wäre ihr Antrag auf Änderung gemäß SBGG ebenfalls gescheitert; denn das SBGG verlangt die Abgabe einer Versicherung, dass der gewählte neue Geschlechtseintrag der Geschlechtsidentität am besten entspricht. Wer da versichert, nur provozieren zu wollen, wird mit dem Antrag scheitern. Und wer nur provozieren will, aber dennoch versichert, dass der gewählte neue Geschlechtseintrag der Geschlechtsidentität entspricht, obwohl das gar nicht der Fall ist, macht sich unter Umständen schuldig, vor dem Standesamt eine falsche Versicherung abgegeben zu haben. Und Standesämter verstehen da meist keinen Spaß.

Frau Liebich hat also zwar das SBGG nutzen können, um ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen zu ändern, aber es bringt ihr nichts – außer Applaus von Rechtsaußen und von TERFs.

Sie hat wie gesagt keinerlei Vorteile dadurch.

Sexualisierte Gewalt in Frauengefängnissen durch trans Frauen

Eine rechtskonservative, für ihre Transfeindlichkeit bekannte Zeitung hat kürzlich zu beweisen versucht, dass das Selbstbestimmungsgesetz für cis Frauen in Frauengefängnissen schädlich sei. Fünf trans Frauen hätten angeblich andere Gefangene, aber auch Wachpersonal mit sexualisierter Gewalt belästigt.

Die mutmaßlichen Fälle sexualisierter Gewalt haben sich vor 2024 zugetragen, also vor Inkrafttreten des SBGG. Sie haben also mit dem Gesetz gar nichts zu tun.

Ob die betreffenden trans Frauen überhaupt ihren Geschlechtseintrag haben offiziell ändern lassen – also etwa nach dem TSG –, ist nicht bekannt.

Bekannt ist auch nicht, ob sich diese Personen in einer Hormonersatztherapie befinden und ob eine Genitalangleichung vorgenommen wurde. Ich würde davon ausgehen, dass beides der Fall ist (ansonsten wäre die Unterbringung in einem Frauengefängnis sehr unwahrscheinlich). Es handelt sich also sehr wahrscheinlich um trans Frauen ohne Penis und mit einem geringen Testosteronspiegel.

Halten wir erst einmal fest: Sexualisierte Gewalt in Frauengefängnissen ist ein generelles Problem, das nicht erst durch trans Frauen entsteht. Gefängnisse sind Orte, an denen sexualisierte Gewalt ein ständiges Problem sind. Wo Menschen unter solchen Verhältnissen auf engem Raum zwangsweise zusammenleben müssen, kommt es zwangsläufig zu sexualisierter Gewalt. Das ist seit Langem ein Kritikpunkt an Gefängnissen.

Bei sexualisierter Gewalt geht es nicht um Sex, sondern um Macht und Unterwerfung, um Gewalt.

Studien zeigen, dass trans Personen im Gefängnis wesentlich häufiger sexualisierte Gewalt erleben als cis Personen. Sie sind häufiger Opfer. Das führt dazu, dass trans Personen in Gefängnissen oft ihre Zeit in Isolationshaft verbringen müssen.

Und ja, wir wissen, auch wenn es gesellschaftlich tabuisiert wird, dass Frauen – egal ob cis oder trans – grundsätzlich fähig zu Gewalt und auch zu sexualisierter Gewalt sind. Auch anderen Frauen gegenüber. Und am ehesten gegenüber vermeintlich oder tatsächlich schwächeren Frauen und Mädchen. Denn auch da geht es um Macht und Unterwerfung.

Am ehesten wird die sexualisierte Gewalt durch Frauen an Kindern gesellschaftlich tabuisiert, aber auch die sexualisierte Gewalt durch weibliche Häftlinge an Mitgefangenen ist ein gesellschaftliches Tabu, das nur schwer aufgebrochen werden kann.

Sexualisierte Gewalt durch Frauen in Frauengefängnissen existiert. Auch trans Frauen können Täterinnen sein – aber wahrscheinlicher ist, dass sie Opfer solcher Gewalt werden, Opfer durch andere Frauen, in der Regel durch cis Frauen.

Das allerdings ist stark tabuisiert.

Wie dem auch sei: durch das Selbstbestimmungsgesetz wird sich nichts ändern. Wir haben ja schon gesehen, dass trans Frauen nicht automatisch bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe in ein Frauengefängnis kommen, sondern dass dies immer Einzelfallentscheidungen sind.

Trans Frauen im Männergefängnis bedeutet allerdings, dass sie dort nahezu zwangsläufig Opfer sexualisierter Gewalt werden, weil sie in der Knast-Hierarchie sehr weit unten stehen. Darum bleibt meist nur, sie in Isolationshaft unterzubringen, isoliert von allen anderen Häftlingen.

Fazit

Kommen wir nun zum Schluss. Keine der beiden „Aufreger“ beweist Unzulänglichkeiten des Selbstbestimmungsgesetzes.

Frau Liebich hat ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen geändert – na und? Wo ist das Problem?

Hat sie damit das Gesetz missbraucht? Möglicherweise. Entsteht dadurch irgendwem ein Schaden oder ein Nachteil? Nein. Nun ja, doch.

Nämlich trans*, inter*geschlechtlichen und nichtbinären Personen, die durch diese Aktion der Frau Liebich stigmatisiert werden. Die zittern müssen, ob diese von Rechtsaußen beklatschte Aktion dazu führt, dass das Selbstbestimmungsgesetz abgeschafft werden könnte, sobald die Union wieder an der Regierung ist. Darauf zielt die Aktion ja wahrscheinlich ab.

Aber eigentlich ist die Causa Liebich nichts weiter als viel Lärm um nichts. Viel Rauch, kein Feuer, nur ein glimmernder Zweig.

Aber für trans*, inter*geschlechtliche und nichtbinäre Personen eine sehr unangenehme Erfahrung, weil sie zeigt, wie weit Transhasser*innen zu gehen bereit sind, um uns Schaden zuzufügen.

Trans* Frauen im Frauengefängnis – das ist ein Thema, das mit dem Selbstbestimmungsgesetz gar nichts zu tun hat. Also auch hier viel Lärm um nichts. Allerdings verdeckt die Panikmache, dass in Gefängnissen sexualisierte Gewalt generell ein großes Problem ist. Und dass trans* Personen dabei besonders häufig Opfer sind.

 
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from Frei. Trans. Baptistin.

Frei.

Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen

Das war mein Taufspruch, als ich im Mai 1987 in einer afrodeutschen Pfingstgemeinde in Hamburg getauft wurde.

Ich hatte mich seitdem oft gefragt, was denn diese Wahrheit wäre – abgesehen von dem Offensichtlichen: Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Ich hatte sehr deutlich den Eindruck, dass Gott mich eine Wahrheit erkennen lassen würde, die für mich persönlich bestimmt war.

Und so habe ich mich stets gefragt, was denn diese Wahrheit wäre. Und jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte es verstanden, kam ganz deutlich der Eindruck: Noch nicht. Das ist es noch nicht.

Es dauerte noch bis 2018, also mehr als 30 Jahre, bis ich die Wahrheit über mich endlich erkannt habe: Gott hat mich als Frau geschaffen, als trans Frau. Dachte ich bis dahin, mit mir stimme etwas nicht, erkannte ich nun: Gott wollte mich als trans Frau. Ich bin eine trans Frau, und das ist für Gott gut so.

Ich habe also die Wahrheit über mich erkannt, und das hat mich frei gemacht. Es hat mich auch in meinem Glaubensleben zu einer tieferen Gemeinschaft mit Gott befreit.

Und seitdem habe ich den Traum, anderen trans* Christ*innen dabei zu helfen, ihr Trans*sein von Gott her anzunehmen. Damit sie dieselbe Freiheit erleben, die ich erlebt habe.

Trans.

Ich habe mein Coming-out nicht nur im Hinblick auf meinen Glauben als Befreiung erlebt, sondern auch in allen anderen Bereichen meines Lebens.

Nach 45 Jahren, in denen ich vorgegeben habe, ein Mann zu sein, weiß ich jetzt, wie sehr diese Jahre eine Gefangenschaft waren. Etwas zu sein vorgeben, dass ich einfach nicht bin und niemals sein kann, egal wie sehr ich es versucht hatte.

Ich bin trans, und das ist gut so.

Ich habe es mir nicht ausgesucht, trans zu sein. Ich kam als trans Frau auf die Welt. Und so sehr ich die Freiheit leben will, so kann ich es nicht verschweigen:

Trans* sein in unserer Gesellschaft ist schwer. Wir leben in einer cis-normativen Gesellschaft, in der alles darauf ausgerichtet ist, dass es vermeintlich „biologische Männer und Frauen“ gibt. Vermeintlich leicht zu erkennen an den Geschlechtsmerkmalen. Und derzeit erleben wir, nachdem es eine Weile so ausgesehen hatte, als würde die Gesellschaft eher bereit sein, trans* Menschen zu akzeptieren, dass eben diese Gesellschaft auf die Bremse tritt. Bis in die Mitte der Gesellschaft hinein nimmt Transfeindlichkeit zu.

Trans*sein in unserer Gesellschaft ist schwer. Darum entscheidet sich kein Mensch dafür, trans* zu sein. Darum ist es Unsinn, von einem „Trend“ auszugehen.

Aber diejenigen von uns, die offen als trans* Menschen leben, haben erkannt, dass die Alternative schlechter ist: weiterhin vorzugeben, etwas zu sein, das wir nicht sind. Darum sind viele von uns bereit, offen trans zu sein. Trotz allem.

Und es ist nicht leicht. Es wird zunehmend schwerer. Der Gegenwind nimmt zu. Und das weltweit.

Baptistin.

Ich bin überzeugte Baptistin, Mitglied in einer progressiven Gemeinde im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden.

Baptismus ist eine Freikirche, genauer: eine Freiwilligkeitskirche. Bei uns beruhen Beginn und Ende der Mitgliedschaft, die Höhe finanzieller Beiträge an die Gemeinde und der Umfang der Mitarbeit auf dem Prinzip der Freiwilligkeit.

Die Baptisten entstanden im 17. Jahrhundert mit dem festen Glauben, dass die Trennung von Staat und Kirche und die allgemeine Religionsfreiheit zum Christsein dazu gehören. Sie waren aus Glaubensgründen aus England nach Amsterdam geflüchtet und wussten, wie wichtig dies ist.

Wichtig ist uns und damit auch mir, dass wir eine Gemeindebewegung sind. Wir sind keine Kirche mit einem Klerus, sondern wir bilden vor Ort autonome Gemeinden, die sich für bestimmte Aufgaben, die eine Ortsgemeinde allein nicht bewältigen kann, zu Gemeindebünden zusammenschließen, die allerdings gegenüber den Ortsgemeinden nicht weisungsberechtigt sind. Baptistengemeinden sind freie Gemeinden, in denen alle Geschwister gleichberechtigt sind. So sind auch die Pastor*innen nach unserem Verständnis gewöhnliche Gemeindemitglieder, die von der Gemeinde für ihre Arbeit freigestellt werden, stehen aber nicht über den anderen Gemeindemitgliedern.

Ich gehöre zu einer sogenannten Willkommensgemeinde, in der alle Menschen willkommen sind – auch solche, die schwul, lesbisch, trans* oder was sonst sind. Wir glauben, dass bei Gott alle Menschen willkommen sind, wirklich alle. Und das leben wir auch so.

Das ist Freiheit in der Nachfolge Jesu: niemand darf Schranken aufstellen und Menschen ausschließen. Wer zu Jesus kommen will, ist herzlich willkommen.

 
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from Michaela Molthagen

Meine Kirchengemeinde, die Bethelkirche in Stuttgart, eine Baptistengemeinde im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, hat in ihrer gestrigen Gemeindeversammlung eine Stellungnahme anlässlich der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 beschlossen, die ich im Folgenden dokumentiere. Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl möchten wir als Bethelkirche Stuttgart, Baptistengemeinde im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG), folgende Erklärung abgeben:

Grundlage des christlichen Glaubens ist die Zuwendung Gottes zum Menschen, die ihm eine unveräußerliche Würde verleiht und die Aufforderung durch Jesus Christus, unseren Mitmenschen zu lieben.

In der Bethelkirche sind Menschen verschiedener Generationen und unterschiedlicher Lebensentwürfe gemeinsam mit Jesus unterwegs.

Deshalb distanzieren wir uns als christliche Gemeinde von jeglicher Form des Extremismus, außerdem in aller Form von Antisemitismus, Rassismus, Fremden- und Muslimfeindlichkeit und Diskriminierung aufgrund politischer oder religiöser Überzeugungen und aufgrund sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität.

Gerechtigkeit, Menschenrechte sowie Meinungs- und Religionsfreiheit sind für den Erhalt unserer Demokratie und freiheitlich demokratischen Grundordnung unerlässlich.

Wir ermutigen alle Wahlberechtigten von ihrem Bürgerrecht Gebrauch zu machen und am 23.2.2025 für eine Partei zu stimmen, die zu diesen Werten steht.

Wir wollen für die Menschen danken und beten, die bereit sind Verantwortung für unser Land, unsere Demokratie und unsere Mitmenschen zu übernehmen.

Als Bethelkirche wollen wir uns für die Rechte aller Menschen einsetzen und allen, die das möchten, ein (geistliches) Zuhause sein.

Stellungsnahme der Bethelkirche Stuttgart, bestätigt in der Gemeindeversammlung am 09. Februar 2025

Persönliche Anmerkung

Ich würde manches anders formulieren und noch einige Punkte ergänzen, habe aber für die Stellungnahme in dieser Form gestimmt und stelle mich darum dahinter.

Persönlich möchte ich ergänzen, dass ich mir der Versäumnisse der Kirchen im Dritten Reich schmerzlich bewusst bin und auch darum zu dieser Erklärung stehe.

Gerade auch die Baptist*innen im Dritten Reich haben größtenteils versäumt, sich gegen das nationalsozialistische Regime und deren menschenfeindliche, rassistische und antisemitische Politik zu stellen – stattdessen stellten sich mancherorts Prediger im Braunhemd auf die Kanzel. Jüdinnen*Juden wurden aus vielen Gemeinden ausgeschlossen.

Darum möchte ich zum Abschluss noch deutlich sagen:

Nie wieder ist jetzt

 
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